Undankbar

„Die beste Beschreibung des Menschen ist meiner Ansicht nach: der undankbare Zweifüsser.“ Dieser Überzeugung war Fjodor Michailowitsch Dostojewski, einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller. An diese undankbaren Zweifüsser wurde ich erinnert als ich die Geschichte jener beiden Schneeschuhwanderer hörte, die im Tirol gerettet werden mussten. Die Wintersportler hatten einen Notruf abgesetzt, weil sie die Orientierung verloren hatten und völlig entkräftet waren. Entgegen der Aufforderung der Tiroler Bergretter, am zuletzt georteten Platz auszuharren, gingen sie trotzdem weiter. Endlich, gegen 21 Uhr wurden sie von einer der drei aufgebotenen Rettungstruppen gefunden. Sie waren völlig durchnässt und durchfroren. Sie wurden mit trockenen Sachen und Getränken versorgt und dann sicher aus dem lawinengefährdeten Gebiet zurück transportiert. Ende gut alles gut, könnte man meinen. Doch weit gefehlt. Dankbarkeit? Fehlanzeige. Im Nachhinein fanden sie die Rechnung von CHF 2‘580 zu hoch. Meinten, dass zwei Einsatzkräfte gereicht und nicht drei Mal fünf Personen hätten aufgeboten werden müssen. „Undankbare Zweifüsser.“

Dass es auch anders ginge, bewiesen Deutsche Landsleute jener Schneeschuhwanderer, die sich so für deren Verhalten schämten. Spontan wollten sie das Geld für die Tiroler Bergrettung sammeln und überweisen.

Jeder Mensch ist früher oder später auf die Hilfe anderer angewiesen. Sie dankbar anzunehmen würde die Sache aber für alle angenehmer machen.

„Undankbarkeit ist schlimmer als Diebstahl“
Talmud